Neurologische Erkrankungen beim Hund

 

1. Epilepsie beim Hund

Jeder Zustand, bei dem Krampfanfälle wiederholt auftreten, wird als Epilepsie bezeichnet. Es gibt zwei Formen der Epilepsie. 

Die Primäre Epilepsie = angeborene Epilepsie, deren Ursachen weder klinisch noch pathologisch festgestellt werden können.

Die Sekundäre Epilepsie, die als Folge von Krankheiten entsteht, wie zum Beispiel bei Kopfverletzungen (Gehirnerschütterung), organischen Hirnveränderungen (z.B. Tumore), erhöhter Hirndruck z.B. angeborene Störungen (Wasserkopf), Stoffwechselstörungen, Vergiftungen, Infektionskrankheiten (Staupe, Tollwut).

Die Anzeichen eines epileptischen Anfalls sind oftmals Unruhe, Ängstlichkeit und Verwirrtheit schon vor dem Anfall. Der eigentliche Anfall  ist sehr plötzlich, begleitet von Bewusstlosigkeit. Die Tiere sind in Seitenlage oder Sitzen in angespannter Körperhaltung, die Gliedmaßen sind zunächst einige Sekunden lang starr gestreckt, rudern die Hunde mit den Gliedmaßen und es folgen Kaubewegungen, Speicheln und z.T. unwillkürlicher Harn- und Kotabsatz. 

Treten die Anfälle in kurzen Abständen immer wieder auf, oder dauern sie länger als 15 Minuten bedeutet dies Lebensgefahr für das Tier.

 

2. Canine Wobbler Syndrom beim Hund 

Das Wobbler-Syndrom des Hundes ist ein Krankheitskomplex, der verschiedene Veränderungen an der Halswirbelsäule beschreibt.

Dies können Deformationen, also angeborene Missbildungen der Wirbelkörper oder Fehlstellungen der Wirbel und eine damit verbundene Verengung des Wirbelkanals sein.
Als Folge der Instabilität bzw. Überlastung der Wirbel kann es zu Bandscheibenvorfällen, Kompressionen im Rückenmark oder zu einer Verdickung des stabilisierenden Wirbelseitenbandes (Ligamentum Flavum) kommen.

Dies führt beim Hund zu verschiedenen Symptomen, die mit neurologischen Ausfällen einhergehen. Beginnend mit leichten Störungen der Bewegungskoordination und vorsichtigem Gang kommt es im weiteren Verlauf der Krankheit zu deutlicher Hinterhandschwäche, erschwertem Aufstehen mit steifem Gang, deutlich sichtbaren neurologischen Ausfällen mit Verlust der Korrekturreflexe und übersteigerten Spinalreflexen. Die Schmerzempfindlichkeit im Halsbereich bei der Bewegung nimmt zu.

Das Wobbler-Syndrom ist nicht heilbar, kann im Anfangsstadium jedoch konservativ mit Schmerzmitteln und Cortison behandelt werden. Bei hochgradiger Symptomatik bleibt nur eine Operation, bei der der Druck vom Rückenmark genommen und/oder die Halswirbelsäule stabilisiert wird, was jedoch nicht immer erfolgversprechend und komplikationslos verläuft.

Die Physiotherapie kann auch hier mit Schmerzlinderung, Muskelentspannung, Koordinations- und Gleichgewichtsschulung, Bewußtseinmachung von Bewegungen noch sehr sinnvoll eingesetzt werden.

 

 
3. Cauda Equina Kompressionssyndrom beim Hund

Als Cauda Equina wird die hintere Aufzweigung des Rückenmarks in verschiedene Nervenbündel bezeichnet (u.a. Ischiasnerv, Schwanznerven). Beim Hund verlaufen diese Nerven über die Länge von ein bis zwei Wirbelkörper im Wirbelkanal und treten dann aus den Zwischenwirbellöchern aus. 
Sie versorgen Teile der Muskeln der Hinterbeine, die Schwanzmuskulatur und regeln den Kot- und Harnabsatz. Der Übergang vom letzten Lendenwirbel (L7) zum Kreuzbein ist im Vergleich zur restlichen Wirbelsäule sehr beweglich, und ausgerechnet hier ist der biodynamische Punkt, wo die Kraft von den Hinterbeinen beim Schub nach vorne übertragen wird.

Das Cauda-equina- Syndrom ist ein Sammelbegriff für eine Reihe von Erkrankungen des Übergangs der Lendenwirbel zum Kreuzbein, die zu einer Schädigung (Druck, Quetschung, Schwellung, Entzündung) dieses Rückenmark- Nervengebietes führen. All diese Veränderungen haben zur Folge, dass das Rückenmark zusammengedrückt wird, und es somit zu typischen neurologischen Ausfallerscheinungen kommt.

Betroffen sind vor allem große Rassen, am häufigsten der Deutsche Schäferhund, wobei zu berücksichtigen ist, das diese Rasse statistisch unter den großen Rassen am weitesten verbreitet ist. In der Regel treten die ersten klinischen Symptome ab dem 6. Lebensjahr auf, doch können auch jüngere (1 Jahr) und ältere Hunde (10 Jahre) erkranken. Die Krankheitssymptome entwickeln sich meist langsam über Wochen bis Monate.

Die Hunde zeigen Schmerzen beim Aufstehen, weigern sich ins Auto zu springen, verweigern den Gehorsam bei Hindernissen oder bei der Mannarbeit, wollen nicht an der Kruppe angefasst werden und das Aufbiegen der Rute ist hoch schmerzhaft. Das sind alles Bewegungen, bei denen der Lendenwirbel- Kreuzbeinbereich stark belastet wird. 

DIAGNOSE: Es ist sehr wichtig die Cauda equina von anderen Krankheiten, insbesondere Hüfterkrankungen, Frakturen, Tumoren des Rückenmarks abzugrenzen. Grundvoraussetzung ist die ausführliche neurologische Untersuchung. Typischerweise können folgende Befunde erhoben werden: die Überprüfung der Reflexe der Hinterhand sind normal bis herabgesetzt; die Propriozeption (Bewusstsein darüber, wie die Gliedmaße im Raum steht) ist gestört, d.h., der Hund korrigiert die auf den Pfotenrücken aufgesetzte Pfote nicht nach; das Tiefenschmerzempfinden ist nicht gestört.
Im Anschluss an die klinisch- neurologische Untersuchung werden Röntgenaufnahmen in Narkose angefertigt. Sichtbar werden die Stufenbildung zwischen letztem Lendenwirbel und Kreuzbein, Spondyloarthrosen, manchmal sind auch die Verdickungen der Bänder und Bandscheibenvorfälle erkennbar.

Die endgültige Diagnose kann mit einer Kontrastuntersuchung wie der Myelographie und den technisch aufwendigen Untersuchungen der Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) gestellt werden. Manchmal allerdings kann erst die Chirurgie die letzte korrekte Aussage machen!

Therapie:
Je nach Ausprägung der Symptome wird zunächst eine symptomatische und entzündungshemmende Therapie eingeleitet. 
Ziel ist immer die Reduktion der Schmerzen und ein nachfolgender Muskelaufbau, damit der Hund sich wieder besser auf der Hinterhand trägt.

 

 

 

4. Bandscheibenvorfall beim Hund

Der Bandscheibenvorfall beim Hund wird auch Diskopathie genannt. Die Bandscheibe fällt vor in den Wirbelkanal und drückt somit auf das Rückenmark. 
Beim Hund unterteilt man den Bandscheibenvorfall in zwei Grade. Einmal der unvollständige Bandscheibenvorfall und der vollständige Bandscheibenvorfall. 

Bei Grad I ist der Bindegewebsring noch intakt und nur die Bandscheibe mehr oder weniger stark vorgewölbt. 
Bei Grad II ist der Bindegewebsring gerissen und das Bandscheibenmaterial ist in den Wirbelkanal vorgefallen. 
Bei der Symptomatik können sich Grad I und II ähneln, je nach Schwere des Falles. 
Symptome Grad I : Schmerzen, Lähmungserscheinungen, wankender Gang und ein aufgekrümmter Rücken.
Symptome Grad II : vollständige Lähmung der Hintergliedmaßen, Harn-/ Kotinkontinenz, keine Standkontrolle und teilweise auch nur Lähmungserscheinungen. 

Der Tierarzt verabreicht in leichten Fällen entzündungshemmende Medikamente, in schwereren Fällen kommen Hund und Besitzer nicht um eine Operation herum. In dieser wird das Bandscheibenmaterial aus dem Wirbelkanal entfernt.  

Kommt ein Hund mit Bandscheibenvorfall zur Hundephysiotherapie/ Hundekrankengymnastik, entscheidet die Therapiemethode des Tierarztes über den Behandlungsplan. Ob der Bandscheibenvorfall konservativ oder operativ versorgt wurde spielt eine große Rolle. In beiden Fällen stehen jedoch die Schmerzlinderung und die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund. 

 

 

 

5. Spondylose beim Hund

Die Spondylose ist eine Skeletterkrankung, die zu neurologischen Symptomen führen kann.
Es kommt einerseits zu einem Abbau der elastischen Wirbelanteile (Bänder und Zwischenwirbelscheiben) und andererseits zu knöchernen Zubildungen, die in der Regel an der Unterseite der Wirbel beginnen. Diese Zubildungen können erhebliche Ausmaße annehmen und im Seitenbereich der Wirbelkörper bis in die Region der Nervenabgänge hineinreichen.

Sie werden daher in 4 Spondylosegrade eingeteilt, je nachdem wie weit die knöcherne Verbindung zwischen den Wirbelkörpern bereits fortgeschritten ist.
Im fortgeschrittenen Stadium kann diese Verknöcherung bis zu einer Spangen- oder Brückenbildung führen und die Wirbelsäule komplett versteifen, sofern mehrere Wirbel davon betroffen sind.

Wenn auch die kleinen Wirbelgelenke oberhalb der Nervenabgänge in das degenerative Geschehen einbezogen sind, spricht man von einer Spondylarthrose.

Spondylosen sind ein Versuch des Körpers den Verschleißerscheinungen der Zwischenwirbelscheiben und Bänder bzw. deren Folgeerkrankungen wie z.B. Lähmungen durch Bandscheibenvorfälle entgegen zu treten. Die Versteifung der Wirbelsäule mag zwar eine Behinderung darstellen, jedoch ist nach ihrem Abschluss meistens die Gefahr eines Bandscheibenvorfalls gebannt. Spondylosen können an der gesamten Wirbelsäule auftreten, jedoch ist der Übergang von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbeinbereich und zu den Brustwirbeln am stärksten betroffen.

Der Hund zeigt einen steifen Gang mit starken Verspannungen der Rückenmuskulatur, einen aufgewölbten Rücken, Bewegungsunlust und teilweise Lähmungserscheinungen, Überempfindlichkeit für Berührungsreize und im fortgeschrittenen Stadium auch Harn- und Kotinkontinenz. Die Spondylose ist nicht heilbar. 

Medikamentöse Therapie mit schmerz- und entzündungshemmenden Mitteln ist meist nur in akuten Krankheitsschüben angezeigt.
Physiotherapie ist empfehlenswert.